Es beginnt meist ganz leise. Ein handgeschriebener Aushang am Straßenrand, irgendwo zwischen Landstraße und Hofladen: „Spargel da“. Noch kostet das Kilo mehr als ein gutes Abendessen – doch das spielt keine Rolle. Die ersten Stangen sind ein Versprechen. Auf Sonne. Auf Neuanfang. Auf Frühling zum Essen.
Mehr als ein Gemüse
Spargel gehört zu den wenigen Lebensmitteln, denen wir eine ganze Jahreszeit widmen. Seine Saison – kurz, intensiv und traditionsreich – ist ein kulinarisches Hochamt zwischen Mitte April und dem Johannistag am 24. Juni. Danach ist Schluss. Spargelsilvester. Nicht etwa aus Willkür, sondern weil die Pflanze Zeit zum Erholen braucht. Und wir? Zeit zur Vorfreude.

In warmen Jahren startet die Ernte schon Anfang April, meist aber braucht es ein paar wirklich milde Nächte, bis die Erde genug Wärme speichert. Die besten Wochen liegen oft zwischen Anfang Mai und Mitte Juni. Gegen Saisonende wird’s günstiger – aber auch dünnhäutiger. Geschmack und Zartheit bleiben bis zum Schluss, wenn die Nächte nicht zu kalt sind.
Woran erkennt man frischen Spargel?
Er glänzt. Er quietscht. Und er duftet. Wirklich frischer Spargel fühlt sich prall und fest an. Die Schnittstellen sind feucht, nicht holzig oder eingetrocknet. Reibt man zwei Stangen aneinander, entsteht ein feines Quietschen – das berühmte Spargelgeflüster. Die Schale darf nicht ledern wirken, sondern soll fast pergamentartig brechen. Ein weiteres Indiz: Der Spargel gibt bei leichtem Druck nach, aber nicht zu sehr. Weiche, schlaffe Stangen gehören nicht in den Einkaufskorb. Und auch nicht ins Wasser, um sie „aufzufrischen“. Was frisch ist, muss nicht reanimiert werden.

Dicke Dinger oder feine Stangen?
Die einen schwören auf kräftige Kaliber – dicke Stangen, die beim Schälen Widerstand leisten und auf dem Teller imposant wirken. Sie eignen sich gut für klassisch gekochte Zubereitungen, bei denen der Spargel Hauptakteur bleibt. Die anderen bevorzugen schlankere Exemplare – zart, schnell gar, fein im Aroma. Ideal für Pfannengerichte, Salate oder leichte Kombinationen. Qualität erkennt man übrigens nicht an der Dicke, sondern am Glanz, am Schnitt, am Klang: Ein leiser Quietschton beim Aneinanderreiben – und man weiß, was man hat.

Herkunft mit Charakter
Auch beim Spargel gilt: Herkunft prägt. Drei Regionen stechen heraus – mit gewachsenen Anbautraditionen, idealen Böden und viel handwerklichem Einsatz. In der Rheinebene zwischen Bruchsal und Rastatt, rund um St. Leon-Rot oder Kuppenheim, gedeiht der berühmte Badische Spargel: weiß, mild, süßlich-nussig, meist in kleinen Betrieben gestochen. Wer es erdiger und kerniger mag, wird in der Vorderpfalz fündig – etwa bei Dudenhofen, Schifferstadt oder Lingenfeld. Und im Norden überzeugt der Beelitzer Spargel mit feiner Würze und Biss – besonders in Butter oder mit zerlassener Petersilie ein Hochgenuss.
Ein Fest mit festen Regeln
Kaum ein Gemüse bringt so viele familiäre Rituale hervor. Der Großvater, der auf „Butter, mehr braucht’s nicht“ besteht. Die Tante, die jedes Jahr dieselbe Schüssel Hollandaise kocht – dick wie Mörtel und heiß umstritten. Und natürlich die Debatten, ob man nun lieber Frühkartoffeln oder Kratzete dazu reicht, Schwarzwälder Schinken aus dem Südwesten oder Lachsforelle aus der Oberpfalz. Spargel ist mehr als Essen. Er ist Gewohnheit. Und Gewohnheit mit Geschichte.
Ein Fest mit festen Regeln
Kaum ein Gemüse bringt so viele familiäre Rituale hervor. Der Großvater, der auf „Butter, mehr braucht’s nicht“ besteht. Die Tante, die jedes Jahr dieselbe Schüssel Hollandaise kocht – dick wie Mörtel und heiß umstritten. Und natürlich die Debatten, ob man nun lieber Frühkartoffeln oder Kratzete dazu reicht, Schwarzwälder Schinken aus dem Südwesten oder Lachsforelle aus der Oberpfalz. Spargel ist mehr als Essen. Er ist Gewohnheit. Und Gewohnheit mit Geschichte.
Wein? Ja, aber mit Gefühl
Zum Spargel passen keine lauten Weine. Keine Barrique, keine Bitterstoffe, keine knallige Säure. Der Klassiker Silvaner funktioniert nach wie vor – aber viele moderne Spargelgerichte dürfen heute auch aromatischer begleitet werden. Sauvignon Blanc bringt Frische und vegetabile Spannung, ohne aufzutrumpfen. Grüner Veltliner glänzt mit Kräuternoten und sanftem Druck. Gutedel bleibt der leise Poet. Und Viognier – in schlanker Ausführung – ist eine elegante Alternative: weich, duftig, fast cremig.

Nur Riesling, so beliebt er sonst sein mag, scheitert oft am Dialog. Seine Säure kann dem zarten Gemüse zu viel werden – besonders in reduzierten, puristischen Gerichten. Da braucht es keine Opposition, sondern Einfühlung.
Spargel ist kein Trend. Er ist ein fester Bestandteil unseres kulinarischen Jahreskreises. Wer ihn isst, feiert nicht nur den Frühling, sondern ein Stück kultureller Identität – mit all ihren Eigenheiten, Vorlieben und Tischritualen. Und wie bei jedem guten Fest gilt: Die Details machen den Unterschied. Beim Schälen. Beim Garen. Und im Glas.