Weinbereitung: die unterschiedlichen Fassgrößen

Ein Fass ohne Boden

Wenn es um qualitativ hochwertigen Wein geht, wird inzwischen allgemein mehr vom Weinberg als vom Keller geredet. Das geflügelte Wort lautet: Der Wein wird im Weinberg gemacht. Trotzdem muss er ja irgendwo gelagert, gereift, ausgebaut werden. Beim Holzfass spielen die verschiedenen Größen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Ein Überblick.

Das Holzfass als Gefäß zum Lagern und Reifen von Wein ist noch gar nicht so alt, verglichen mit dem Weinbau an sich. Zusammen oder nur wenig später als die Amphore aber kam das Holzfass bei den Griechen, ziemlich sicher auch bei den Kelten und etwas später bei den Römern, zum Einsatz. Allerdings nutzten sie die Fässer zuerst einmal nur als Transportmittel.

Dabei blieb der Einfluss des Holzfasses auf den Geschmack des Weins nicht unbemerkt. Sowohl die Art des Holzes als auch die Größe der Fässer spielen dabei eine wesentliche Rolle. Heutzutage geht man meist davon aus, ein Weinfass sei aus Eiche gefertigt. Fässer werden aber auch aus anderen Holzarten wie zum Beispiel Kastanie oder Akazie gefertigt.

Barrique – in aller Munde
Das Barrique ist sicher das bekannteste Holzfass der Neuzeit. Häufig wird der Begriff umgangssprachlich einfach gleichgesetzt mit Holzfass, egal welcher Größe. In der Regel beträgt das Fassungsvermögen eines Barrique 225 Liter und es ist aus Eichenholz gefertigt.

Das Barrique stammt ursprünglich aus Frankreich, genauer gesagt aus Bordeaux. Die Engländer, die diese Region seit Mitte des 12. Jahrhunderts für nahezu 300 Jahre unter Kontrolle hatten, transportierten Weine in Fässern. Bordeaux wurde unter ihrer Herrschaft zu einem der bedeutendsten Weinhandelsplätze Europas. Beim Lagern und beim Transport stellten sie einen positiven Einfluss auf den Wein die Haltbarkeit und die Qualität betreffend fest.

225 Liter sind eine relativ kleine Größe, dementsprechend ist der Einfluss eines neuen Holzfasses auf den Geschmack des Weins deutlich größer als bei anderen Holzfässern. Ursprünglich wurden die Fassdauben zum Biegen auf der Innenseite verkohlt, was je nach Toastgrad oft zu würzigen Aromen führt. Neue Barriques geben zudem auch etwas Gerbstoff ab.

Wie lange Barriques im Keller zum Einsatz kommen, das heißt, wie viele Jahrgänge der Kellermeister darin ausbaut, ist von Weingut zu Weingut unterschiedlich. Vor allem in den 80er-Jahren, als das Barrique weltweit seinen Siegeszug antrat, galt ein Ausbau im kleinen Holzfass per se als Qualitätsmerkmal. Das hat sich geändert, viele vor allem natürlich arbeitende Winzer nutzen zwar nach wie vor Barriques, dosieren den Einsatz von neuen und gebrauchten Holzfässern aber sehr genau, um den Charakter von Wein, Terroir, Klima und Rebsorte nicht zu sehr zu überdecken.

Pièce – das burgundische Barrique
Im Burgund spricht man von Pièce, nicht von Barrique. Äußerlich unterscheiden sich die Fässer kaum. Das Pièce ist in der Regel etwas gedrungener und die Fassringe sind schwarz gestrichen. Es fasst klassischerweise 228 Liter, also minimal mehr als das Barrique. Der Einfluss auf den Wein ist aber je nach Toastgrad und Dauer des Ausbaus dem des Barrique sehr ähnlich.

Vom Pièce gibt es regionale Spielarten, die sich vor allem in der Größe unterscheiden: Im Mâconnais, also im südlichen Burgund, verwendet man eine lediglich 215 Liter fassende Variante, in der Champagne fasst ein Pièce nur 205 Liter.

Fuder – regionale Unterschiede
Der Begriff Fuder stammt aus dem Transportwesen und bezeichnete das Volumen einer Wagenladung oder auch Fuhre. Transportiert wurden darin nicht nur Wein, sondern auch Bier, Wasser, Sand, auch Getreide oder Heu. Das Fassungsvermögen eines Fuders variiert regional sehr stark. Es kann von 900 Liter bis knapp 1.800 Liter fassen.

Die Größe des Fasses wurde nach Schankeimern und regionalen Größeneinheiten berechnet. Diese führten dann zu unterschiedlichen Fassgrößen. Einige Beispiele: Im Großherzogtum Baden fasste ein Fuder 1.500 Liter, umgerechnet zehn Ohm. Ohm heißt so viel wie Eimer und ist ein vom Lateinischen Ama abgeleiteter Begriff. Er entsprach 134 bis knapp 175 Liter. In Württemberg dagegen wurde in Eimern gemessen, die aber in Schoppen aufgeteilt wurden und letzten Endes eine Fassgröße von knapp 1.800 Liter ergaben.

In Hamburg und Leipzig bewegte sich das Fassungsvermögen eines Fuders um die 900 Liter, in Frankfurt am Main und Erfurt waren es lediglich 850 Liter. In Preußen und Nürnberg betrug das Fassungsvermögen um die 820 Liter. Eine große Bandbreite, die sich beim Lagern von Wein und den Einfluss des Holzes auf den Geschmack des Weins natürlich dementsprechend unterschiedlich auswirken kann.

Foudre – die großen Fuder
Im Französischen gibt es das Wort Fuder – Foudre – ebenfalls und es bezeichnet ebenso wie im Deutschen ein Fass, allerdings sind die französischen Foudres meist deutlich größer. Es wird zum Lagern von Wein, Bier oder Cognac verwendet. Die Größe ist variabel und kann 2.000, auch 3.000 Liter fassen.

Im Heidelberger Schloss steht ein Foudre, bekannt schlicht als das ‚Große Fass‘. Es hatte ursprünglich ein Fassungsvermögen von 221.726 Litern und wurde 1751 gebaut. Eugène Mercier, Champagner-Produzent im 19. Jahrhundert, gab 1871 ein Foudre für 160.000 Liter in Auftrag. Es dauerte 18 Jahre, das Fass fertigzustellen. Mercier präsentierte es 1889 als Werbemaßnahme auf der zehnten Weltausstellung in Paris.

Stückfass – Größe variabel
Wie überall, wo man mit althergebrachten Einheiten rechnet, ist auch die Größe des Stückfasses ursprünglich regional unterschiedlich. Eine einheitliche Regelung gibt es bis heute nicht. Allerdings geht man inzwischen allgemein davon aus, dass man mit Stückfass ein Fassungsvermögen von 1.200 Litern bezeichnet.

Dementsprechend fasst ein Halbstück 600 Liter, ein Doppelstück 2.400 Liter. Es gibt auch das Dreistück, dann mit 3.600 Liter und das Viertelstück mit 300 Litern Fassungsvermögen. Fast immer sind die Stückfässer aus Eiche gefertigt.

Tonneau, Muid und Demi-Muid
In Frankreich bezeichnet man als Tonneau in der Regel ein Fass mit einem Fassungsvermögen von 500 Liter. Tonneau bedeutet eigentlich einfach nur Fass. Muid und Demi-Muid entsprechen so ziemlich dem Stück und Halbstück und haben ein Fassungsvermögen von 1.300 beziehungsweise 600 Liter. Das Demi-Muid wird ähnlich wie das Barrique und das Pièce in Erst- Zweit- oder Drittbelegung auch beim Weinausbau eingesetzt.

Vor allem das Demi-Muid und das Tonneau werden für den Ausbau von Wein attraktiver für Winzer, die den Einfluss vom Holz auf den Wein dezenter gestalten wollen. Das Volumen ist im Vergleich zur Oberfläche größer, das heißt, geschmacklich kommen die Gerbstoffe und die Toastung des Fasses weniger zum Tragen, können aber dennoch spürbar sein.

Pipa/Pipe und Bota – Die iberische Halbinsel
Die Liste unterschiedlicher Fassbezeichnungen und Größen lässt sich noch lange fortsetzen. Zwei Fasstypen sollen aber noch Erwähnung finden, die Pipe oder portugiesisch Pipa und das Bota.

Die Pipe ist ein spitz zulaufendes Fass mit einer Größe von ungefähr 550 Litern. Es gibt auch hier größere und kleinere Varianten. In Portugal im Douro-Tal kommt die Pipa zum Transportieren und Lagern von Portwein zum Einsatz, die Größe beträgt dort traditionell 534 Liter. Für andere Weinarten gibt es aber auch größere oder kleinere Pipas.

Mit Bota bezeichnet man Fässer, in denen der Sherry reift. Wie üblich gibt es auch hier keine ganz genau festgelegte Größe, im Allgemeinen fassen Botas in der Sherry-Produktion 520 Liter. Auch hier gibt es größere Varianten mit ungefähr 650 Liter Fassungsvermögen.

Die für die heutige Weinproduktion wichtigen Fasstypen haben wir zum Großteil abgedeckt. Wie schon erwähnt, gibt es noch eine Vielzahl anderer Bezeichnungen und Größen. Entscheidend ist heute aber nicht mehr die Rolle des Fasses als Transportmittel, da Wein in der Regel in Flaschen oder in Tanks transportiert wird. Für den Ausbau und das letztendliche Geschmacksprofil spielt das Holzfass und seine Größe, die Toastung und die Dauer seiner Verwendung aber immer noch eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Von Mark Stichler