Aligoté – Renaissance einer alten Burgunder-Rebsorte

Interview: Pablo Chevrot und die Aligoteurs

Pablo Chevrot, Winzer im Burgund und einer unserer langjährigen Partner, ist Gründungsmitglied des Vereins Les Aligoteurs. Zu den Aligoteurs gehören inzwischen über 60 Winzer aus allen Teilen des Burgunds, die sich der Förderung, Verbesserung und dem Erhalt der Aligoté verschrieben haben. Im Interview spricht Pablo Chevrot über seine Leidenschaft für und die Erfahrungen mit dem Aligoté und gibt Einblicke in den Weinbau im Burgund im Allgemeinen.

Die Rebsorte Aligoté, die beständig im Schatten des berühmten Chardonnay steht, erfreut sich in den letzten Jahren zunehmender Wertschätzung unter Weinliebhabern und Experten. Mit ihrem erfrischenden Charakter und der Fähigkeit, das Terroir, aus dem sie stammt, perfekt widerzuspiegeln, zieht sie verstärkt Aufmerksamkeit auf sich.

Wer sind die Aligoteurs?
Jessica Dueñas: Hallo Pablo, kannst du uns zu Beginn erzählen, wer die Aligoteurs sind, wie die Gruppe entstanden ist und welche Ziele ihr verfolgt?

Pablo Chevrot: Bei den Aligoteurs handelt es sich um einen Verein, der Ende 2017 gegründet wurde. Ein befreundeter Gastronom in Flagey-Echézaux hatte damals in seinem Restaurant Boisrouge einige Aligoté-Weine auf der Karte. Er war der Meinung, dass Aligoté immer ein wenig schlecht gemacht und nicht ausreichend anerkannt wird. Von ihm kam der Vorschlag, einen Verein zu gründen. Dazu rief er einfach alle Winzer zusammen, die auf seiner Getränkekarte standen. Wir fanden die Idee wirklich großartig. Und so gründeten wir die Aligoteurs.

Upcycling: Verbesserung von Image, Technik und Rebmaterial
PC: Das Ziel war, die Aligoté im weitesten Sinne zu fördern. Wir wollten sowohl das Image, die Techniken und das Rebmaterial verbessern. Da war einiges zu tun. Das Problem lag in der Vergangenheit oft an billig produziertem Aligoté: wenig Arbeit im Weinberg und im Keller. Er war schlicht nicht gut gemacht.

Vor nicht allzu langer Zeit existierte in der französischen oder internationalen Presse kein Ranking und keinerlei Bewertung von Weinen aus Aligoté. Mittlerweile gibt es von der Weinzeitschrift La Revue du vins de France jährlich eine Ausgabe, in der es um Aligoté geht. Früher gab es auch keine Verkostungen von Aligoté. Das ist ein kleines Novum, selbst in Bars und Weinhandlungen.

Allein dafür hat sich die Arbeit der Aligoteurs wirklich gelohnt. Unter den üblichen Verbänden der Appellationen haben wir als Verein zwar eine Sonderstellung. Aber unsere offiziellen Verbände erkennen uns inzwischen an. Auch das ist ein Erfolg. Erreicht haben wir das durch unser Engagement und den Fokus auf eine klare Linie und Qualität. Qualität und auch ein wenig Innovation.

JD: Wie kann man den Aligoteurs heute beitreten?

PC: Inzwischen haben wir knapp 70 Mitglieder. Wir erhalten weiter Anfragen. Ein kleines Auswahlkomitee wählt die neuen Mitglieder aus. Das Niveau der Appellation, des Verbandes und der Weine ist inzwischen wirklich unglaublich hoch.

Um dem Verein beizutreten, gibt es für die Kandidaten zwei Voraussetzungen: einen Fragebogen zur mittel- bis langfristigen Vision von Aligoté, welche Fläche genutzt wird, welche Referenzen der Kandidat in seiner Appellation hat und natürlich eine Blindverkostung. Die wird von einem Komitee von etwa zehn Leuten durchgeführt.

Erhaltung und Weiterentwicklung des Rebguts
PC: Die Hauptarbeit des Vereins ist die Arbeit am Rebstock. Wir haben in vielen Gebieten des Burgunds, an der Côte d’Or, in Saône-et-Loire und auch in Lyon die alten, über 70 Jahre alten Rebanlagen gesichtet. Wir haben drei Jahre lang Rebstöcke identifiziert, die großes Potenzial haben und gesund aussehen. Das heißt Identifizierung, Analyse, Holzproben nehmen und Veredelung. Dieses Jahr fand die erste Auspflanzung statt. All das hat lange gedauert, aber ich bin zufrieden, da die Arbeit dieses Jahr Früchte trägt.

In Richtung des Dorfs Chardonnay fanden wir eine Rebschule für Pinot Noir, in der bisher kein Aligoté wuchs. Mit dieser Rebschule ist es unser Ziel, künftige Weinbauern und Pflanzungen mit hochwertigem und gesundem Rebmaterial für das nächste Jahrhundert zu versorgen.

Aligoté – dem Klimawandel gewachsen
PC: Die Aligoté hat auch echtes Zukunftspotenzial. Heute haben wir große Probleme mit dem Klimawandel und der Anpassung. Beim Pinot Noir geht es gerade noch. Aber beim Chardonnay haben wir ausgesprochen viele Schwierigkeiten. Nicht in Bezug auf die Qualität, wir produzieren immer noch sehr schöne Chardonnays. Aber viele Rebstöcke sterben ab, das ist ökonomisch bald nicht mehr tragbar.

Aligoté ist unter den drei burgundischen Rebsorten vielleicht diejenige, die der globalen Erwärmung am besten gewachsen ist. Auf genetischer Ebene ist sie gesund und macht wenig Sorgen. Sie ist nicht sehr empfindlich gegenüber Mehltau, wenig anfällig für Holzkrankheiten und kommt sehr gut mit Trockenheit zurecht, zurzeit ein großes Problem. Selbst auf trockenen Böden, entstehen ausgewogene, gut reifende Weine mit wenig Alkohol und guter Säure. Das ist beeindruckend und findet vermehrt Beachtung.

Aligoté der Domaine Chevrot in Cheilly-lès-Maranges
JD: Auf der Domaine Chevrot gibt’s einen alten Weinberg mit Aligoté direkt hinterm Haus. Ist das darum für dich eine Rebsorte, die persönlich große Bedeutung hat?

PC: Tatsächlich gibt es in Maranges traditionell viel Aligoté, weil unsere Gemeinde die Côte und die Hautes-Côtes überspannt. Geologisch bewegen wir uns im Trias. Das sind Böden, die sich auch im Elsass, im Jura, aber auch in Deutschland finden. Diese Böden beinhalten viel Sandstein und Aligoté mag Sandstein sehr. Es gibt auch Kiesböden, auf denen Aligoté tolle Qualitäten bringt.

Historisch gesehen gab es in der Gemeinde viel mehr Aligoté als Chardonnay. Bis 1988 war sie auf der Domaine noch die einzige weiße Rebsorte. In der Gemeinde stehen 70 Hektar Aligoté. Wir haben eine der ältesten Parzellen. Letztes Jahr mussten wir einen letzten, uralten Rebstock entfernt. Aber wir haben das Holz vorher selektiert. Er ist also nicht mehr da, aber doch immer noch da. (Er lächelt breit.)

JD: Überall im Burgund steigen die Preise. Was sagst du zu dieser Preisentwicklung? Siehst du einen Einfluss auf Aligoté?

PC: Leider ist die Rebfläche der Aligoté in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken. Die Rentabilität war und ist immer noch nicht gut. Laut Statistik ist der Handelspreis von Aligoté in einem Jahr um 23 Prozent gesunken. Beim Bourgogne blanc dagegen ist er um 45 Prozent gestiegen. Letztes Jahr waren beide fast auf dem gleichen Niveau. Wenn der Börsenpreis für Aligoté zu niedrig ist, werden die Winzer ihn weiterhin roden und stattdessen Chardonnay und Pinot Noir pflanzen.

Aligoté von Chevrot: Tilleul, ein ganz besonderer Stoff
Das Holz des alten Stocks wurde in der Rebschule gepflanzt und hat die schönsten Rebstöcke. So konservieren wir die alten Aligoté-Reben, aus denen wir unseren Tilleul herstellen. Dieser besondere Wein ist ein ausgesprochener Lagerwein. In Bezug auf Ertrag, Rebschnitt und das Binden der Pflanzen arbeiten wir wie bei den Premier Crus. Erst vor zwei Wochen habe ich einen 2013er geöffnet. Er strahlt richtiggehend. Sehr klar mit viel Frische. Zusammen mit dem Reifepotenzial kommen wir dem schon ziemlich nahe, was von einem großartigen, gereiften Burgunder erwartet wird. Der Aligoté gewinnt an Kraft, wird fetter, ohne schwer zu werden und das Holz wird gut eingebunden.

Cuvée Quatre Terroirs, 100 Prozent Aligoté
Den Aligoté Cuvée Quatre Terroirs verkaufen wir günstiger als einen Bourgogne blanc, einen Hautes-Côtes de Beaune. Trotzdem hat er eine ordentliche Rentabilität, da der Ausbau etwas günstiger ist, als bei den Lagenweinen. Beim Quatre Terroirs ist die Nachfrage sehr groß, da mache mir überhaupt keine Sorgen. Ich finde es gut, weiße Burgunder zu haben, die weniger als 12 Euro netto pro Flasche kosten.

Hoffnungsvoll in die Zukunft
JD: Es gibt ja aber auch Kunden, die vor allem Wert auf gute Qualität legen und dafür auch bereit sind, Geld auszugeben.

PC: Ja, ich denke, da haben wir Glück. Wir befinden uns immer noch in einem Nischenmarkt mit einem speziellen Sortiment, guter Produktion und viel Knowhow. Auch wenn es manchmal anstrengend ist. Ich denke, die Zukunft wird rosiger.

JD: So hoffnungsvoll bleiben wir … Pablo, vielen herzlichen Dank. Du hast mir sehr viele, interessante Informationen gegeben.

Zu den Aligoteurs gehören außer der Domaine Chevrot aus unserem Sortiment auch noch die Domaines Pierre Morey , C. + C. Maréchal und Jean-Hugues et Guilhem Goisot

Das Interview führte Jessica Dueñas