Auf der Suche nach den Wurzeln.
António Madeira, Winzer zwischen zwei Welten, verbindet seine Leidenschaft für Wein mit der für seine Heimat, der Serra de Estrela. Seine Geschichte ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Weinbaus in der Subregion des Dão. António Madeira hat die Weinwelt mit seinen außergewöhnlichen Weinen erobert. Seine Geschichte ist die Suche nach seiner Identität und folgt dem Fado des Lebens.
António Madeiras Eltern gingen in den 1970er-Jahren als Bedienstete nach Frankreich, um der in Portugal herrschenden Diktatur zu entkommen. Er wuchs in einem wohlhabenden Pariser Viertel auf und hatte als erster in seiner Familie die Chance zu einer erstklassigen Ausbildung. Nach seinem Ingenieursstudium war er erfolgreich in der Wirtschaft tätig.
Seine Leidenschaft für den Wein entdeckte António Madeira während seiner Karriere als Ingenieur. Insbesondere begeisterten ihn die eleganten, frischen Pinots aus dem Burgund. Gleichzeitig weckten biologisch und biodynamisch produzierte Weine mit lebendigem Charakter und klarer Herkunft sein Interesse. Diese Begeisterung wurde zum Eckpfeiler seiner späteren Arbeit als Winzer.
Der Weg zum Wein
Inspiriert von der französischen Weintradition kehrte António Madeira zurück zu seinen Wurzeln in Portugal, in die Hochebene Serra de Estrela, einer Subregion des Dão. Wie in vielen strukturschwachen Gegenden verließen dort viele junge Leute das Land, während die Alten gemischte Landwirtschaft betrieben und Wein hauptsächlich für Eigenverbrauch herstellten.
António Madeira war fasziniert von der Vielfalt der Rebsorten in der Region und pachtete kurzentschlossen einige Weinberge in der Serra de Estrela. Seine ersten Weine entstanden im wahrsten Sinne des Wortes in der Garage. Für António Madeira war der Weinbau schon damals eine ganzheitliche Erfahrung. Und er ist es immer noch. Von Anfang an war er bestrebt, Wein in allen Facetten und in seiner Gesamtheit zu erfassen, vom ersten Entstehen im Weinberg bis zum fertigen Produkt. Diese Herangehensweise erfordert Zeit, Hingabe und viel Arbeit.
Die Liebe zu Land und Leuten
Der Arbeitsaufwand auf dem Weingut ist sehr hoch, die Produktion erfordert eine beträchtliche Hingabe. Mittlerweile bewirtschaftet António Madeira mit seinem sechsköpfigen Team acht Hektar, die mit alten Reben, den Vinhas Velhas, bestockt sind. Sie bestehen aus unterschiedlichsten alten Rebsorten und stellen ihn und seine Mitarbeiter vor stetige Herausforderungen. Sie investieren neben der täglichen Arbeit beispielsweise viel Zeit in die Identitätssuche jedes Weinbergs und betreiben bei den Rebsorten eine akribische Ahnenforschung. Gleich einem kunsthistorischen Projekt werden Böden, Klima und Rebstöcke untersucht, um deren charakteristische Eigenschaften zu begreifen.
Für seine Basisweine kauft António Madeira Trauben von umliegenden Bauern zu. Die Produktion erfolgt mindestens biologisch, teilweise auch biodynamisch. Die Weinbereitung folgt dem Ansatz der anderen Weine des Weinguts, sodass auch die Basisweine vom typischen Stil geprägt sind. Sie sind allerdings etwas zugänglicher und früher trinkreif. Nur dadurch kann António Madeira die inzwischen sehr große Nachfrage nach seinen Weinen einigermaßen bedienen. Andererseits machen sie seinen aufwändigen Weinbau und den Fokus auf die Einzellagen wirtschaftlich überhaupt möglich.
Serra de Estrela – Subregion mit einmaligem Terroir
Die Region ist für den Weinbau sehr spannend. Zwischen den majestätischen Bergen und dem höchsten Punkt Portugals, dem Serra de Estrela, herrscht ein einzigartiges Mikroklima. Die Berge im Osten schützen vor warmen Winden aus Spanien und sorgen für relativ hohe Niederschläge im Winter und Frühling. In den heißen Sommern bringen kühle Nächte Spannung und Frische in den Wein. Die unverwechselbare Mineralität ziehen die Reben aus den verwitterten Granitböden, die in ihrer Beschaffenheit an die der nördlichen Rhône erinnern.
Die höchstgelegene Einzellage der Subregion ist da Sera. Sie besticht durch fünf unterschiedliche Granitarten mit verschiedenen Färbungen und Verwitterungsgraden. Auf einer Höhe von 500 Metern aufwärts wachsen 20 verschiedene Rebsorten, darunter Tinta Amarela, eine von António Madeiras Lieblingssorten. Die 100 Jahre alten Rebstöcke bringen unglaublich elegante, charmante und kraftvolle Weine hervor.
Die Einzellage Granits beeindruckt durch vulkanisch geprägte Böden mit heterogener Textur und ebenfalls 100 Jahre alten Rebstöcken aus 40 verschiedenen Sorten. Die Weine aus dieser Lage sind spannungsreich und von mineralischer Präzision, die sich erst mit der Zeit voll entfaltet.
Klimawandel allerorten
Auch die Serra de Estrela bleibt natürlich nicht vom Klimawandel verschont. Jedes Jahr bringt neue Wetterextreme mit sich – starken Spätfrost, lange Trockenperioden, Hitzewellen, Stürme und Starkregen. Um mit diesen Veränderungen adäquat umzugehen, steht auch António Madeira immer wieder vor schwierigen Entscheidungen im Weinberg. „Da muss man sich entscheiden, wie man sterben möchte“, sagt er mit einem schwermütigen Lachen.
Manchmal denkt der Winzer aus Leidenschaft dann an sein Leben in Paris zurück, das bequemer und weniger herausfordernd war. Doch auch wenn das Leben als Landwirt um ein Vielfaches härter ist, bereut er seine Entscheidung nicht. Winzer im Dão zu sein, war einfach eine Herzensangelegenheit. Und seine Weine zeugen davon. Wie der portugiesische Fado wirken sie spannend, manchmal etwas melancholisch, aber immer unglaublich charaktervoll und lebendig. Man kann die einzigartige Vielfalt und Identität der Serra de Estrela in jedem seiner Weine erkennen.