Die Tradition warmer Käsegerichte

Lecker, heiß und fettig.

Käsefondue, Raclette, Tartiflette und Co.: Warmer Käse zum gemeinsamen Verzehr ist allseits beliebt. Vor allem im Winter steigt die Lust auf herzhafte Gerichte, die Wärme und Gemütlichkeit ausstrahlen. Wir stellen die bekanntesten Gerichte vor, wie man sie zubereitet und was man dazu trinkt.

Regelmäßig zum Jahreswechsel wird das Raclette-Set ausgepackt oder der Fonduetopf aus dem Keller geholt. Allerorten bereitet man geschmolzenen Käse in verschiedensten Varianten zu. Zumindest Raclette und Fondue aus regionalen Käsen blicken in den Alpenregionen auf eine jahrhundertelange Tradition zurück.

Regionale, hochwertige Käsesorten spielen auch in anderen, weniger bekannten, aber nichtsdestoweniger leckeren Rezepten die Hauptrolle. Im kalten Februar steigt die Lust auf die kraftvollen, schmackhaften Gerichte und damit der Gang zur Käsetheke Ihres Vertrauens. Natürlich könnne wir nur eine Auswahl zeigen, bei denen warmer Käse eine tragende Rolle spielt. Doch zusammen mit einer Weinempfehlung lässt hoffentlich schon das Wasser im Mund zusammenlaufen …

Tradition und Nutzen
In Ländern mit einer großen Käsetradition wie der Schweiz oder Frankreich hat das Erwärmen von Käse tiefe Wurzeln. Wie so oft resultieren die heutigen Spezialitäten aus dem Pragmatismus früherer Haushalte. Käse konnte so beispielsweise auch ohne Kühlung länger haltbar gemacht werden, Käsereste wurden durch Erhitzen schmackhaft weiterverwertet.

Beim Erwärmen entwickeln manche Käsesorten außerdem eine andere Aromatik und können kulinarisch vielfältiger kombiniert werden. Für die heutzutage weit verbreitete Popularität sorgt bei vielen Gerichten sicher auch die soziale Komponente: Am Tisch mit Freunden oder der Familie eignen sich Fondue, Raclette und Co. auch für größere Gruppen, um den Abend über gemeinsam herzhaft zu genießen.

Der Klassiker: Käsefondue
Der Ursprung des Käsefondues liegt in den Westalpen. Das Gebiet umfasst Bergregionen in der Schweiz, Frankreich und Italien. Anspruch auf die Erfindung des Fondues erheben insbesondere die Schweizer und die französische Region Savoyen. Zumeist wird dabei Weißwein mit den Käsesorten Emmentaler und Gruyère geschmolzen, mit Knoblauch gewürzt und manchmal mit einem Schuss Kirschwasser verfeinert. In der savoyischen Version kommt Emmentaler im Zusammenspiel mit Beaufort und Comté zum Einsatz. Gegessen wird das Fondue mit Weißbrot.

Fondue – Die Wurzeln liegen im 17. Jahrhundert
Über die Erfindung des Fondues kursieren mehrere Geschichten. Eine davon besagt, dass Mönche während der Fastenzeit Käse schmelzen ließen, um den Verzicht auf feste Nahrungsmittel zu umgehen. In einer andere Version haben die Sennen, ein Almhirtenvolk, das Gericht erfunden haben. In ihrer Abgeschiedenheit hatten sie nur Brot und Käse zur Verfügung. Um etwas Abwechslung in den Speiseplan zu bringen, haben sie den Käse einfach erwärmt.

Belegt ist, dass Käsefondue bereits im 17. Jahrhundert zubereitet wurde. Das erste schriftliche Zeugnis stammt aus dem Jahr 1699. In einem Kochbuch beschreibt die Züricherin Anna Maria Gessner-Kitt das Rezept ‚Käß mit Wein zu kochen‘, das die Zubereitung so beschreibt, wie sie auch heute noch verbreitet ist.

Internationaler Erfolg
Das Schweizer Käsefondue ist weltweit am bekanntesten. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Schweiz sich seit 1950 darum bemüht, ihr Erbe an der Erfindung des Käsefondues zu festigen. 1955 wurde es zum Nationalgericht der Schweiz erklärt, ab den 60er-Jahren gab es eine intensive Werbekampagne. Der Werbespruch ‚Fondue isch gut und git e guete Luune‘ war so erfolgreich, dass er heute noch als Akronym FIGUEGL auftaucht. Ebenfalls seit den 50er- und 60er-Jahren ist Fondue als Fertiggericht erhältlich, überzeugte durch seine simple Zubereitung und sorgte für weitere Verbreitung.

Weintipp:
2021 Weißburgunder Kalkboden, Weingut Sven Leiner, Pfalz
Kraftvoller, geschmeidiger Weißburgunder mit etwas Schmelz, Aromen nach gelbem Obst und leicht floralen Noten.

La boîte chaude für den schnellen Genuss
Mit einem guten Vacherin Mont d’Or, einem Weichkäse aus dem Franche-Comté, der nur im Winter produziert wird, kann man sich ein einfaches Käsefondue zubereiten. Dazu den Vacherin mit Weißwein aufgießen, in Alufolie einwickeln und im Backofen kurz erhitzen. Mit Brot oder Aufschnitt und Kartoffeln ist so ein Käsefondue auch schnell für kleinere Gruppen zubereitet.

Weintipp:
2020 Les Bruyères Chardonnay, Domaine A. et M. Tissot, Arbois, Jura
Hochmineralischer, frischer und lebendiger Chardonnay mit dem typischen Jura-Kalk-Aroma, feinen Apfel- und vegetalen Noten und viel Spannung.

Raclette: Der ältere Bruder des Fondue
Auch das Raclette stammt aus der Schweiz, aus dem Kanton Wallis. Mittelalterliche Klosterschriften beschreiben im 13. Jahrhundert die Zubereitung eines „Bratchäs“, der besonders nahrhaft war. Ab 1874 hieß der für das Gericht verwendete Käse offiziell Raclette. Die Bezeichnung lässt sich auf das im regionalen Dialekt ‚racler‘ genannte ‚Schaben‘ zurückführen. Bis heute ist Raclette kein geschützter Begriff, weshalb der Käse auch international hergestellt wird. Walliser Raclette (Raclette du Valais) ist ein Rohmilchkäse mit einer Reifedauer von mindestens drei Monaten. Im Geschmack ist er deutlich intensiver als industriell hergestellter Raclette.

Zubereitung am Feuer
Traditionell legt man einen halben Laib Raclette an ein Lagerfeuer oder einen Holzofen, sodass er langsam schmilzt. Der Käse wird so gleichzeitig leicht geräuchert. Ein typischer Racletteabend kann also mehrere Stunden dauern.

Heutzutage werden meist spezielle Tischgrills verwendet, in die der Käse eingespannt wird. Den geschmolzenen Käse schabt man ab, dazu gibt’s Kartoffeln, Wurst und eingelegtes Gemüse.

Weintipp:
2021 Pinot Bianco Versalto, Tenutae Lageder, Südtirol
Ein feingliedriger Pinot Bianco aus hohen Lagen mit Spannung und Struktur, etwas Birne, Apfel und leichten Anklängen an Pfirsich bei gleichzeitig feiner Mineralität.

Tartiflette oder die Vermarktung des Reblochon
Die Tartiflette wurde in den 80er-Jahren erfunden. Mit dem Rezept sollten die sinkenden Verkaufszahlen des Reblochon angekurbelt werden. Beim Reblochon handelt es sich um einen feinen, leicht würzigen, halbfesten Kuhmilchkäse aus Savoyen. Für eine Tartiflette werden Kartoffeln mit Zwiebeln und Speck in der Pfanne gebraten. Darauf legt man einen Reblochon und backt das Ganze im Ofen, bis eine Kruste entsteht.

Weintipp:
2020 La Gondonne, Côtes d’Auxerre, Domaine G. + J.-H. Goisot, Bourgogne
Ein kraftvoller Chardonnay mit Schmelz und leichten Rauchtönen, getrockneten Früchten und Gewürzen. Mit seiner kräftigen Aromatik und seiner geschmeidigen Struktur kommt er gut mit den Zwiebeln und dem Speck zurecht.

Aligot – Herzhaftes aus dem Süden
Auch in den südlichen Regionen Frankreichs wurde Käse schon früh erwärmt. Aligot, ein Gericht aus der Region Aubrac im Department Aveyron, sticht dabei durch seine kräftige, habhafte Art hervor.

Nachdem die Kartoffel im 18. Jahrhundert zunehmend Verbreitung in Europa fand, entstand das Aligot in der heutigen Form. Dabei kommt in der Regel Tomme frâiche zum Einsatz, ein leicht fermentierter, gepresster Frischkäse, der meist den Käsesorten Laguiole oder Cantal entnommen wird. Er lässt sich dünn geschnitten unter heißen Kartoffelbrei schlagen, bis er geschmolzen ist. Das Verhältnis von Käse zu Kartoffel ist variabel. Je mehr Käse, desto vollmundiger ist der Geschmack.

Aligot kann direkt als eigenständiges Gericht gereicht werden. Man kann ihn auch mit Trüffeln veredeln oder als Beilage zu regionalen Fleischgerichten geben. Traditionell ist Aligot häufig auf Dorffesten oder bei privaten Feiern zu finden.

Weintipp:
2022 Serbat, Côtes Catalanes, Domaine Pouderoux, Roussillon
Wächst auf schwarzem Schiefer in ungefähr 300 Metern Höhe, fein-mineralischer Wein mit Anklängen an Zitrus, exotischen Früchten und floralen Noten wie Akazie und Weißdorn. Mit etwas Luft wird der Wein fester und weist Anklänge an Nüsse auf.

Passende Weine
Bei so deftigen Speisen stellt sich die Frage nach der stimmigen Weinbegleitung. Zu fettreichen Käsespeisen passen oft leichte, trockene Weißweine mit eher mineralischem Charakter. Weißweine aus dem Jura oder dem Burgund eignen sich dafür gut. Wer Rotweine bevorzugt, sollte bei leichten, fruchtigen Weinen bleiben, beispielsweise aus dem Beaujolais. Süße oder kräftige, gerbstoffbetonte Weine überlagern oft das feine Aroma der Käse und harmonieren nicht sehr gut mit dem hohen Fettgehalt.

Wie meistens beim Thema Wein und Speisen funktioniert in der Regel ein Wein, der aus derselben Region wie die Speise stammt. Der Grund? Vermutlich harmonieren die Aromen der jeweiligen Region einfach gut miteinander. Denkbar auch, dass Rezepte sich so entwickeln, dass sie mit den verfügbaren Lebensmitteln zusammenpassen.